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DISPUT

Für einen Kurswechsel

GroKo 3.0: Wer die Miete nicht mehr zahlen kann, soll sich eine Wohnung kaufen. Wieso wir eine Kampagne für erschwingliche Mieten brauchen

Von Caren Lay

Der Koalitionsvertrag von SPD und Union ist nicht der »Neuanfang in der Bau- und Mietenpolitik«, von dem der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, schwärmt. Das Gegenteil ist richtig. Wenn man sich den Text einmal genau durchliest, wird klar: Union und SPD haben sich darauf geeinigt, in einer Neuauflage der Großen Koalition ihre vermurkste Wohnungs- und Mietenpolitik fortzusetzen. Mietenexplosion und Verdrängung werden auch in den nächsten vier Jahren für viele zum Alltag gehören.

Bauen, bauen, bauen, und wer die Miete nicht mehr zahlen kann, soll sich eine Wohnung kaufen – das ist das zynische Credo der Großen Koalition.

1,5 Millionen neue Wohnungen sollen in einer »Wohnraumoffensive « bis 2021 entstehen, rund 100.000 mehr im Jahr als bisher. Eine Sonderabschreibung für Mietwohnungen in Höhe von 20 Prozent der Neubaukosten soll dabei helfen. Dafür schüttet die Große Koalition zwei Milliarden Euro an Steuersubventionen aus, ganz ohne soziale Bindung. Davon profitieren nicht in erster Linie Mieterinnen und Mieter, sondern Investoren.

Dazu kommt eine neue Eigenheimzulage, die den Bund noch einmal so viel kosten wird. Doch wer heute von Mieterhöhungen und Verdrängung bedroht ist, wird sich auch mit dem »Baukindergeld« keine Eigentumswohnung leisten können.

Der dringend benötigte bezahlbare Wohnraum wird so nicht entstehen. Profi teure sind Bauindustrie und Immobilienwirtschaft.

Kürzung

Der Schlüssel für eine soziale Wohnraumversorgung, insbesondere von Menschen mit geringem Einkommen, ist der soziale Wohnungsbau. Union und SPD wollen die Bundesförderung für den sozialen Wohnungsbau über das Jahr 2019 hinaus verlängern und für die Jahre 2020 und 2021 jeweils 1 Milliarde Euro bereitstellen. Diese vollmundige Ankündigung bedeutet jedoch faktisch eine Kürzung. Denn bis jetzt sind es 1,5 Milliarden. Benötigt würden allerdings mindestens 5 Milliarden. Und wie es nach 2021 mit der Förderung weitergeht, ist vollkommen unklar. Das ist unverantwortlich!

Die minimale Verbesserung der Mietpreisbremse, die die SPD als Verhandlungserfolg feiert, ist reine Symbolpolitik und hilft den meisten Mieterinnen und Mietern nicht. Zwar soll jetzt die Vormiete in bestimmten Fällen offen gelegt werden, aber die zahlreichen Ausnahmen bleiben. Und ob sie in zwei Jahren nicht schon wieder abgeschafft wird, haben Union und SPD offen gelassen. Auch die Absenkung der Modernisierungsumlage von elf auf acht Prozent ist mit ihren vielen Einschränkungen eine Mogelpackung, die vor teuren Luxusmodernisierungen und Verdrängung nicht schützen wird.

Ein besserer Kündigungsschutz für Mieter und Gewerbetreibende, ein klares Bekenntnis gegen die Privatisierungspolitik der bundeseigenen Wohnungen und Grundstücke, ein Konzept gegen die immer größer werdende Wohnungs- und Obdachlosigkeit: Fehlanzeige!

Statt den notwendigen Kurswechsel zu einer sozialen Politik im Interesse der Mieterinnen und Mieter einzuleiten, werden Steuergeschenke an die Immobilienwirtschaft und an Wohnungseigentümerinnen und –eigentümer verteilt.

Ein wirklicher Neuanfang in der Wohnungs- und Mietenpolitik muss anders aussehen:

DIE LINKE setzt sich auch weiterhin für gerechtes Mietrecht in Wohnraum und Gewerbe mit wirksamem Schutz gegen Kündigung, Mieterhöhung und Verdrängung ein. Anträge für eine echte Mietpreisbremse, die flächendeckend, ausnahmslos und unbefristet gilt, haben wir bereits in den Bundestag eingebracht. Die Modernisierungsumlage gehört komplett abgeschafft.

Statt Milliarden für ungezielte Neubau- und Eigentumsförderung zu verschwenden, wollen wir eine Investitionsoffensive im sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau. Durch Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit wollen wir einen nicht-profitorientierten Wohnungssektor mit dauerhaft bezahlbaren Mieten schaffen.

Spekulation mit Wohnraum und Grundstücken wollen wir effektiv bekämpfen und großen Wohnungskonzernen und Finanzinvestoren ihre Geschäftsgrundlage entziehen. Auch der Bund darf mit seinen Wohnungen und Grundstücken nicht länger Gewinne auf Kosten der Kommunen und der Mieterinnen und Mieter machen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben muss ihre Wohnungen stattdessen sozial verträglich vermieten. Auch dafür haben wir bereits einen Antrag gestellt.

Soziale Politik wird auch in den kommenden vier Jahren in der Opposition gemacht. Gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern wird sich DIE LINKE dem neoliberalen »Weiter so« in der Wohnungspolitik entgegenstellen – in den Parlamenten und auf der Straße!

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